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Verklärte Nacht

  • MühlenForum Glattbach Hauptstraße 56B 63864 Glattbach (Karte)

Auf dem Kammermusik-Podium kommt die Bassklarinette nur selten zu Ehren. Geradezu unwiderstehlich mischt sich ihr sonorer Samtpfotenton im »Phantasy Quintet« (1932) des englischen Nachromantikers York Bowen mit dem Streichquartett. Hier klingen noch die feinen Nervenreize nach, die Arnold Schönbergs Verklärte Nacht drei Jahrzehnte zuvor in die Musikwelt entsandte.

Wenn Sie sich einen Eindruck von dem weitgehend unbekannten, beeindruckenden Werk verschaffen wollen, empfehlen wir Ihnen dieses Hörerlebnis:

 

Lassen Sie sich dieses ungewöhnliche Konzert nicht entgehen,

Nach dem Phantasy Quintet von York Bowen erklingt Arnold Schönbergs weltberühmte Verklärte Nacht in folgender Besetzung: Gisela Schneider (1. Violine), Ruth Schwachhöfer (2. Violine), Cornelia Köhler (1. Bratsche), Kerstin Pramschüfer (2. Bratsche), Monika Klüpfel (1. Cello), Ingmar Escher (2. Cello).

Verklärte Nacht für Streichsextett ist das Opus 4 des österreichischen Komponisten Arnold Schönberg (1874–1951) und wurde inspiriert durch ein gleichnamiges Gedicht von Richard Dehmel. Die Uraufführung des 1899 entstandenen Werks fand 1902 statt. Schönberg selbst erstellte 1917 eine Fassung für Streichorchester, die er 1943 nochmals revidierte.

Entstehung

Schönberg komponierte das Werk im Herbst 1899 während eines Ferienaufenthalts mit seinem Kompositionslehrer Alexander von Zemlinsky und dessen Schwester Mathilde (die er 1901 heiraten sollte) im niederösterreichischen Payerbach. Laut Autograf war die Komposition am 1. Dezember 1899 abgeschlossen. Programmatische Vorlage dieser ersten größeren, mit Opuszahlen versehenen Komposition Schönbergs bildet das Gedicht „Verklärte Nacht“ aus der 1896 veröffentlichten Sammlung „Weib und Welt“ des Dichters Richard Dehmel. Schönberg hatte bereits in seinen Klavierliedern op. 2 und 3 unter anderem Gedichte Dehmels vertont.

Unabhängig von Schönberg hatte zu derselben Zeit (1901) Oskar Fried das Gedicht als Lied für Mezzosopran, Tenor und Orchester vertont.

Textgrundlage

Das fünfstrophige, der Partitur vorangestellte Gedicht beschreibt den Gang eines Paars im Mondschein, bei dem die Frau ihrem Liebhaber gesteht, dass sie von einem anderen ein Kind erwartet. Dabei trifft sie auf großmütiges Verständnis bei dem Mann, der das Kind als eigenes annehmen will.

Charakterisierung

Als klar intendierte Programmmusik überträgt die Komposition Schönbergs für Streichsextett (2 Violinen, 2 Violen und 2 Violoncelli), deren Aufführungsdauer etwa 25 bis 30 Minuten beträgt, die Idee der Sinfonischen Dichtung in den Bereich der Kammermusik. „Verklärte Nacht“ ist einsätzig, besteht jedoch aus fünf pausenlos ineinander übergehenden Teilen, die den wechselnden Stimmungen der Gedichtstrophen folgen.

„Verklärte Nacht“ ist ein Werk aus der ersten, tonalen Schaffensphase Schönbergs und steht in der Grundtonart d-Moll. Kompositorisch greift Schönberg auf ein von Johannes Brahms häufig angewandtes Verfahren zurück, thematische Arbeit durch permanente Weiterverarbeitung kleinerer Motive zu ersetzen; Schönberg selber bezeichnete dieses Brahms’sche Prinzip später als „entwickelnde Variation“. Harmonisch steht „Verklärte Nacht“ hingegen stark in der Nachfolge von Richard Wagner. Die in diesem Werk erkennbare Alterationsharmonik, melodischen Sprünge und Klanggesten sind Elemente, „die den späteren Schönberg ausmachen“.

1950 verfasste Schönberg selbst Programm-Anmerkungen zu „Verklärte Nacht“, die anhand von 16 Notenbeispielen verdeutlichen, dass einzelne Motive und Formteile durchaus bestimmten Textpassagen des Gedichts zugeordnet werden können.

Uraufführung und Rezeption

Nachdem der Vorstand des Wiener Tonkünstlervereins eine von Zemlinsky angeregte Aufführung des Werkes zunächst abgelehnt hatte (ein Mitglied soll geäußert haben: „Das klingt ja, als ob man über die noch nasse »Tristan«-Partitur darüber gewischt habe“[4]), kam die Uraufführung des Streichsextetts „Verklärte Nacht“ erst mehr als zwei Jahre nach dessen Vollendung zustande. Sie fand am 18. März 1902 im Kleinen Musikvereins-Saal in Wien statt und wurde vom Rosé-Quartett in der Besetzung Arnold Rosé und Albert Bachrich (Violine), Anton Ruzitska (Viola) und Friedrich Buxbaum (Violoncello) übernommen, erweitert durch Franz Jelinek (2. Viola) und Franz Schmidt (2. Violoncello).

Die Uraufführung stieß auf weitgehendes Unverständnis und bildete den ersten Skandal in der Aufführungsgeschichte Schönbergscher Werke in Wien. Die Ablehnung galt neben der ungewohnten Tonsprache auch der Gedichtsvorlage mit ihrem explizit erotischen Inhalt, der eine musikalische Umsetzbarkeit abgesprochen wurde, während dem Komponisten immerhin gewisses Talent bescheinigt wurde. So hieß es im Feuilleton der Wiener Neuen Freien Presse:

„Programmmusik, die schon mehr als einmal ein Scheinleben begann und jetzt wieder eine vorübergehende Auferstehung feiert, scheint nun auch in die Kammermusik übergreifen zu wollen. A. Schönberg, der Komponist eines Streichsextetts nach Richard Dehmel, hat uns auf diese alt-neue Angelegenheit gebracht. Dass er diesmal soweit vom Ziel blieb wie mancher andere, der sich an der Ermöglichung des Unmöglichen versuchte, wird wohl jedermann erkennen, der dem Verlauf des merkwürdigen Werkes folgte […] Dabei unterläuft nun nebst Absichtlich Confusem und Hässlichem manches Ergreifende, Rührende, manches, das den Hörer mit unwiderstehlicher Gewalt bezwingt, sich ihm in Herz und Sinne drängt. Nur eine ernste, tiefe Natur kann solche Töne finden, nur ein ungewöhnliches Talent kann sich auf so dunklem Wege selbst in solcher Weise voranleuchten. Die Aufnahme der Novität war eine geteilte. Viele verhielten sich ruhig, einige zischten, andere applaudierten, im Stehparterre brüllten ein paar junge Leute wie die Löwen.“

Heute zählt „Verklärte Nacht“ zu den meistgespielten Werken Schönbergs und liegt sowohl als Sextett wie auch in der später entstandenen Streichorchesterfassung in zahlreichen Einspielungen vor. 

 
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